Vita
Natalia Golovanova ist Doktorandin der Erziehungswissenschaften an der Universität Oberelsass in Mülhausen (Frankreich). Sie studierte von 2007 bis 2017 in Russland und Frankreich sowohl Sprachen (Englisch/Französisch) als auch Philosophie (ein Masterabschluss in St. Petersburg zu Hegel und Kant und ein Masterabschluss in Frankreich zu Merleau-Ponty). Natalia Golovanova hat mit dieser Ausrichtung einen – verkürzt gesagt – phänomenologisch-geistrealistischen Ansatz verfolgt. Es hat sie dann interessiert, ob es pädagogische Ansätze gibt, die in den Lehr-Lernprozessen eine solche epistemologische Perspektive thematisieren und ist bei dieser Suche auf die Waldorfpädagogik gestoßen. Sie promoviert bei Prof. Dr. Loïc Chalmel an der Universität Oberelsass in Mülhausen (Frankreich) und ist seit September 2021 Stipendiatin des Graduiertenkollegs Waldorfpädagogik.
Forschungsprojekt
„Thinking in its connection with other faculties in Waldorf education“
Die Dissertation hat das Ziel, die Aussagen, die Rudolf Steiner in seinen pädagogischen Vorträgen zwischen 1919 und 1924 in Bezug auf die Entwicklung der sogenannten „Seelenkräfte“ Denken, Fühlen und Wollen getroffen hat, in einem philosophischen Kontext herauszuarbeiten, in pädagogisch-didaktischer Perspektive zu reflektieren und sie in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion zu verorten. Damit wird der Blick auf den ganzheitlichen Erziehungsansatz der Waldorfpädagogik gelenkt. Neben der Herausarbeitung und historischen Einordnung des in der Tradition des deutschen Idealismus stehenden Konzepts Steiners von Denken, Fühlen und Wollen wird ein Schwerpunkt der Arbeit eine Auseinandersetzung mit der Erkenntnistheorie und dem Denkbegriff Rudolf Steiners darstellen. Insbesondere die (leib-)phänomenologische Perspektive soll dabei unter Einbeziehung von Positionen Merleau-Pontys diskutiert werden.
Auf Basis dieser theoretischen Reflexionen wird sodann eine Analyse der Praxis der Waldorfpädagogik vorgenommen. Es wird untersucht, auf welche Weise sich die Fähigkeitenbildung von Denken, Fühlen und Wollen in der waldorfpädagogischen Praxis wiederfindet. Dies geschieht mit Blick auf künstlerischen Aktivitäten sowie der Einbeziehung von Bildern, Geschichten und körperlicher Betätigung in Lehr-/Lernprozesse. Die Forschungsarbeit versteht sich als Grundlagenforschung und ist verbunden mit der Hoffnung, dem eher intellektualistischen Bildungsbegriff der Gegenwart ein mehr ganzheitliches, die Entwicklung des Kindes in all seinen Fähigkeitsdimensionen miteinbeziehendes Verständnis von Bildung und Erziehung an die Seite zu stellen und bestenfalls einen fruchtbaren erziehungswissenschaftlichen Diskurs über Lehr- /Lernmethoden und ihre theoretischen Grundlagen anzuregen.